Ohne Navigation in einer neuen Umgebung – gute Idee?
Stellen Sie sich vor, Sie befinden sich in einer fremden Stadt. Sie kennen Ihren Standort und Ihr Ziel, jedoch wissen Sie den Weg dorthin nicht mit Sicherheit. Sie können eine Route nach Bauchgefühl ausprobieren, jedoch dauert diese wahrscheinlich lange oder führt Sie nicht zum Ziel.
Doch Hilfe naht: Zum Glück zeigen Navigationsapps basierend auf Karten- und Verkehrsdaten problemlos den kürzesten und richtigen Weg.
Vergleichbar mit diesem Szenario gibt es viele Situationen im Alltag sowie im Unternehmen, bei denen datengestützte Applikationen bessere Entscheidungen ermöglichen. Beispielsweise sind Werbeerfolgskontrollen im digitalen Marketing oder ein Digitaler Zwilling in der Produktion etablierte Prozesse in der Industrie 4.0 (Skiera & Spann, 2000; Fraunhofer, 2021). Schließlich tappt kein Unternehmen mit Investitionen gerne im Dunkeln. Warum macht es dann eine Vielzahl der HR-Abteilungen noch?
Personalmanagement sollte mit Daten arbeiten
Unsere Wirtschaft befindet sich in der vierten industriellen Revolution, welche bestehende Industriestrukturen aufbricht (Hoeren & Uphues, 2020). Abteilungen, die direkt mit Umsatz assoziiert sind, haben diesen Wandel bereits bemerkt. Im Marketing-Kontext können mit Mass Customization einer Vielzahl von Kunden differenzierte Produkte bei gleichzeitiger Generierung von Skaleneffekten angeboten werden (Piller et al., 2012). Blockchain Technologie in der Fertigung hingegen eröffnet die Möglichkeit, durch Datentransparenz effiziente und robuste Lieferketten zu generieren (BearingPoint, 2018).
Die Devise ist abteilungsübergreifend gleich: Mehr Daten = Mehr Möglichkeiten.
Die Krux mit dem Personalmanagement ist, dass HR-Maßnahmen den Unternehmenserfolg nur über zumeist schwer quantifizierbare und indirekte Hebel, wie zum Beispiel Mitarbeiterzufriedenheit, Motivation oder Führung beeinflussen. Durch eine breite Datenbasis aus internen und externen Personaldaten können HR-Maßnahmen jedoch messbar gemacht und vormals unentdeckte Business Cases erkannt werden. Somit birgt die Industrie 4.0 für das Personalmanagement die Chance, einen Platz in der strategischen Gestaltung des Unternehmens zu beanspruchen. Weg von transaktioneller Administration hin zu einem transformativen Business Partner (Ulrich, 1997).
Doch wie kann dieser Übergang gelingen?
So gewinnt HR mit People Analytics die Oberhand
People Analytics ist ein Teilbereich von Business Analytics, der Datenanalysen im Personalwesen beschreibt. Als Instrument für das Personalmanagement wirkt es wahre Wunder. Denn das Kernelement dabei ist eine evidenzbasierte Vorgehensweise und somit der Wandel von auf Annahmen und Bauchgefühl basierenden HR-Maßnahmen hin zu datengestützten Entscheidungen.
Nach diesem Grundsatz werden für unternehmerische Fragestellungen
- Daten erhoben,
- auf Wirkungszusammenhänge, KPIs und deren Treiber analysiert,
- um gezielte Maßnahmen zu ergreifen.
So kann das Personalmanagement über den evidenten Einfluss auf die Einstellung, das Verhalten und letztlich die Performance der Mitarbeiter:innen zum Unternehmenserfolg beitragen (Weller & Gerhart, 2018).
Risikofreies People Analytics
Der Ansatz rund um People Analytics stößt auch auf Voreingenommenheit. Oftmals ist vom „Gläsernen Menschen“ die Rede, der von einem Algorithmus durchleuchtet wird (Reindl & Krügl, 2017). Dahinter steckt die Fehlannahme, Entscheidungen würden rein maschinell getroffen werden, wodurch kein Raum für menschliche Elemente wie Ethik und Empathie im Entscheidungsprozess bleibt (Polzer, 2018). Im Gegenteil zielt People Analytics darauf ab, Führungskräften eine datengestützte Entscheidungsgrundlage zu liefern an welche die Intuition anknüpfen kann.
Das Nutzenpotenzial für HR liegt in der Synthese zweier Welten
-
Datengestützte Entscheidungsgrundlagen
im Zusammenspiel mit
-
intuitivem Fingerspitzengefühl
bei der Einzelentscheidung.
Es gibt KEINE Extremen von vollautomatisierten oder komplett bauchgefühlabhängigen Entscheidungen!
Dabei liegen jeglichen Analysen die entsprechenden Datenschutz- und Datensicherheit sowie ethische Guidelines nach der EU-DSGVO zugrunde.
So rechnet sich People Analytics - vom Business Case zu besserer Personalarbeit
Einer der kritischen Erfolgsfaktoren in der vierten industriellen Revolution sind die Mitarbeiter:innen im Unternehmen. Um in Zusammenarbeit einen kompetitiven Wettbewerbsvorteil zu erzeugen, fungiert das Personalmanagement als abteilungsübergreifender Knotenpunkt, von dem ausgehend horizontale und vertikale Organisationsstrukturen beeinflusst werden (Huff & Götz, 2019). People Analytics eröffnet die Möglichkeit, zielgruppenspezifische HR-Maßnahmen auf der Basis fundierter Informationsquellen effektiver und effizienter zu gestalten.
Stellt beispielsweise ein Unternehmen fest, dass die Produktivität der Mitarbeiter:innen abnimmt, können mithilfe einer Treiberanalyse die Einflussfaktoren der Mitarbeiterzufriedenheit gefunden und entsprechende Maßnahmen ergriffen werden, um die Zufriedenheit zu erhöhen. Dieser Business Case lässt sich anhand eines Rechenbeispiels veranschaulichen:
People Analytics kann so den Mehrwert des Personalmanagements quantifizieren und Licht in die Black Box zwischen einer HR-Investition und dem Einfluss auf den Unternehmenserfolg bringen.
Fazit
HR braucht People Analytics. Denn People Analytics ermöglicht die Transformation von rein administrativen HR-Abteilungen zu einem aktiven Business Partner, der Mitarbeiter:innen und Unternehmensstrategie aufeinander abstimmt und damit einen Platz im Führungskreis des Unternehmens beansprucht. In diesem Kontext ist People Analytics die Antwort auf die Frage, ob HR einen Platz am „Top Table“ verdient hat. Ganz klar: Ja! Wenn Zahlen und Fakten unternehmensübergreifende Entscheidungen stützen, die messbar zum Unternehmenserfolg beitragen und dabei eine positive Employee Experience für die Mitarbeiter:innen sicherstellen, wer würde das noch anzweifeln?
Warum People Analytics
Schaffen Sie sich einen Überblick über alle Aspekte im Kontext von People Analytics - von Zielen und konkreten HR-Fragestellungen, über Datenquellen und Analyseverfahren bis hin zum Datenschutz.
Mehr erfahrenBearingPoint (2018) Blockchain als Treiber im modernen Supply Chain Management 4.0.
Fraunhofer (2019) Hannover Messe: Das Fraunhofer IESE macht Industrie 4.0 mit vernetzten Digitalen Zwillingen einfach.
Hoeren, T. & Uphues, S. (2019) Big Data in Industrie 4.0 In: Frenz, W., ed. (2020) Handbuch Industrie 4.0: Recht, Technik, Gesellschaft. Berlin: Springer.
Huff, J. & Götz, T. (2019) Evidenz statt Bauchgefühl? – Möglichkeiten und rechtliche Grenzen von Big Data im HR-Bereich. Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht, 2, 74-79.
Piller, F.T., Lindegens, E. & Steiner, F. (2012) Mass Customization at Adidas: Three Strategic Capabilities to Implement Mass Customization. Social Science Research Network, 1-22.
Polzer, J.T. (2018) Trust the Algorithm or Your Gut?. Boston, MA: Harvard Business Review.
Reindl, C. & Krügl, S. (2017) People Analytics in der Praxis: Mit Datenanalysen zu besseren Entscheidungen im Personalmanagement. Freiburg, Haufe.
Skiera, B. & Spann, M. (2000) Werbeerfolgskontrolle im Internet. Controlling, 12(8-9), 417-423.
Ulrich, D. (1997) Human Resource Champions: The Agenda for Adding Value and Delivering Results. Boston, MA: Harvard Business School Press.
Weller, I., & Gerhart, B. (2018) Methodological challenges for quantitative research in comparative human resource management. In C. Brewster, W. Mayrhofer, & E. Farndale, eds. (2018) Handbook of Research on Comparative Human Resource Management. Cheltenham: Edward Elgar. (83-107).
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